Die Goethe-Gesellschaft Chemnitz e.V. ist eine Ortsvereinigung der internationalen Goethe-Gesellschaft Weimar.

Sie will zu vertiefter Kenntnis Goethes und seiner Zeitgenossen beitragen und deren Bedeutung für die moderne Welt aufzeigen.

Sie will sinnstiftend humanistische Werte vermitteln und weltoffenes Denken anregen und fördern.

Sie eint sinnverwandte Menschen, die anspruchsvolle Geselligkeit pflegen, die Freude an Erkenntnis und Spaß an gemeinsamem Erleben haben.

Die Goethe-Gesellschaft Chemnitz ist ein eingetragener Verein, sie ist unabhängig und verfolgt ausschließlich gemeinnützige, im Besonderen wissenschaftliche und künstlerische Zwecke.

Geschichte der Chemnitzer Goethe-Gesellschaft





Dies ist die Geburtsurkunde der Goethe-Gesellschft Chemnitz e.V.

Studienrat Prof. Otto Paul Happach beantragt am 10.06.1926 bei der Goethe-Gesellschaft Weimar, den Goethe-Bund des Frauenbildungsvereins Chemnitz als körperschaftliches Mitglied in die Goethe-Gesellschaft aufzunehmen.

Am 18. Juni 1926 wird dem in einem Schreiben der Geschäftsstelle der Weimarer Gesellschaft entsprochen.

Am 18.Juni 1926 sind 23 Mitglieder eingetragen. Vorsitzender ist von Anbeginn Prof. Happach und Ehrenvorsitzende Frau Frida Grote, die seit 1910 dem Chemnitzer Frauenbildungsverein vorgestanden hatte.

Prof. Otto Paul Happach war bereits Einzelmitglied der Goethe-Gesellschaft Weimar und über Jahre mit Goethe-Vorträgen als Referent bekannt geworden. Studienrat Happach war ein hochangesehener Chemnitzer Gymnasiallehrer und Geschichtsforscher. Er wirkte unermüdlich als Vortragender, in den ersten 10 Jahren des Bestehens der Gesellschaft gestaltete er die Mehrzahl der 90 Abende der Goethe-Gesellschaft.



Studienrat Prof. Otto Paul Happach (1878 - 1963)

Die Nationalsozialisten drängten den Humanisten Happach aus dem Amt, 1943 erklärte er seinen Austritt aus der Gesellschaft.

Nach 1945 regte der Chemnitzer Lehrer, Germanist und Schriftsteller Dr. Walter Schinke die Bildung eines Goethe-Kreises an, Interessenten trafen sich „Am Wiesengrund“ zu Lesungen, Vorträgen, kleinen Theateraufführungen und Konzerten. 1948 erfolgte die offizielle Gründung dieses Goethekreises und seine Registrierung bei der Weimarer Gesellschaft. Dr. Hermann Nagel und Prof. Dr. Arthur Mendt leiteten den Kreis – Letzterer war schon seit 1926 tatkräftiger Mitgestalter des Lebens der Gesellschaft.

Nachdem die Arbeit der Goethe-Gesellschaft zwischen 1958 und 1981 geruht hatte, wurde sie 1982 unter Leitung von Herrn Lutz Arnold fortgesetzt.

Seit 1995 leitet der Diplom-Kulturwissenschaftler Siegfried Arlt die Chemnitzer Goethe-Gesellschaft. Vgl. auch Vorstand der GG Chemnitz. Seither führt die Gesellschaft monatliche Veranstaltungen durch, alljährlich werden Exkursionen "Auf Goethes Spuren …" an Orte durchgeführt, die eng verbunden sind mit dem Leben Johann Wolfgang von Goethes und seiner Zeitgenossen (in den letzten Jahren u. a. Reisen nach Italien, in den Harz, nach Marienbad und in die Schweiz).

Derzeit gehören der Gesellschaft 40 Mitglieder an.

Vgl. zur Geschichte der Gesellschaft auch Bonitz, H. / Arlt, S.: Augenblick und Ewigkeit. Goethe – die Chemnitzer und die Weltliteratur. Chemnitz 2001. Anläßlich des 75-jährigen Jubiläums der Gründung der Goethe-Gesellschaft Chemnitz herausgegeben.

28. September 1810: Goethe in Chemnitz

In aller Bescheidenheit merken wir Chemnitzer an, dass wir bei weitem kein Goethe’scher Ort wie Frankfurt, Straßburg, Weimar, Wetzlar, den böhmischen Bädern und etliche andere sind, aber mit nicht geringem Stolz blicken wir auf ein flüchtiges Ereignis im Leben Goethes, das ihn auch mit unserer Stadt verbindet …

Von den böhmischen Bädern Karlsbad und Teplitz und von Freiberg (Gastgeber war Oberberghauptmann Heinrich von Trebra) mit der regulären Postkutsche kommend, verweilte Goethe den Nachmittag in Chemnitz. Er stieg wohl im Hotel de Saxe am Rossmarkt ab.

Wir wissen nicht, ob ihm bewusst war, dass er den langjährigen Wirkungsort des ihm wohlbekannten Montanwissenschaftlers Georgius Agricola (De re metallica libri XII) bzw. den Geburtsort des ihm befreundeten Göttinger Philologen und Altertumsforschers Christian Gottlob Heyne besuchte, aber durch sein Reisetagebuch und die Niederschrift seines Reisebegleiters Friedrich Riemer ist uns der hauptsächliche Zweck des Chemnitz-Aufenthalts bekannt: Der Weimarer Staatsminister und vielgerühmte Dichterfürst wollte die Aufsehen erregenden Spinnmaschinen besehen. Die tiefgreifenden Veränderungen beim Übergang von der Manufaktur zur Fabrik beschäftigen Goethe sehr: „Das überhand nehmende Maschinenwesen quält und ängstigt mich, es wälzt sich heran wie ein Gewitter, langsam, langsam, aber es hat seine Richtung genommen, es wird kommen und treffen.“ (Wilhelm Meisters Wanderjahre)

Der Kurf.-Kgl. Sächsische Amtsmann Hofrat Johann Friedrich Carl Dürisch (Goethe und Riemer schreiben versehentlich ‚Thiersch‘) gab sich die Ehre, dem hohen Gast die erste Spinnmaschinenfabrik Sachsens, die Bernhard‘sche Baumwollspinnerei in Harthau / heute ein Ortsteil von Chemnitz / zu zeigen. „Baumwollspinnerei zu 2 500 und zu 27 000 Spindeln. Köstlicher Mechanismus … wie die Wolle zum Faden vorbereitet wird“ (s. u.)


Goethes Handschrift - Eintrag im Reisetagebuch 29.September 1810


Riemers Tagebucheintrag vom 28.September 1810. Abschrift von Robert Keil. Goethe Museum Düsseldorf.

Dr. Seebeck (1770 – 1831) war Arzt und Physiker. Er lebte eine Zeitlang als Privatgelehrter in Jena und beriet Goethe bei seinen optischen Studien. Vgl. auch den nach ihm benannten thermoelektrischen Effekt, den sog. Seebeck-Effekt.


Chemnitzer Roßmarkt um 1806


Innenansicht der ersten sächsischen Baumwollspinnerei der Gebrüder Bernhard in Harthau

Die Spinnmühle der Brüder Bernhard ist die e r s t e Fabrik in Sachsen; Chemnitz entwickelte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Zentrum der Textilfabrikation in Deutschland. Die aus dem Rheinpfälzischen stammenden Carl Friedrich und Hugo Bernhard hatten sich vordem als Kaufleute in Manchester aufgehalten und dort das Know-how für die spätere Unternehmung erworben. Am 06.11.1798 erhielten sie mit Johann August von Bugenhagen das kurfürstlich sächsische Privilegium exclusivum zur Errichtung einer Baumwollspinnerei in Harthau an der Würschnitz und Michaelis 1800 wurde das Unternehmen mit 620 Spindeln in Gang gesetzt. Mit der Unterstützung durch den Waliser Evan Evans (ihn hatten die Bernhards in Manchester kennen gelernt) entstand in Harthau die größte mechanische Spinnerei der Welt! Hier drehten sich 14970 Spindeln für Mulettwist (1812 waren es gar 18592), vgl. auch Riemers Tagebucheintrag.

Goethe bedankt sich am 13.04.1810 bei Johann Heinrich Meyer „für die fortgesetzte technische Beschreibung /der Baumwollmanufaktur in der Schweiz/. Ich brenne vor Ungeduld mich damit bekannt zu machen."